Johann Sebastian Bach

Goldberg-Variationen

Erklärt nach der 5-4-3-2-1-Methode

Dauer: 40–90 Minuten (je nach Tempo und Anzahl der gespielten Wiederholungen)
Gattung: Variationszyklus
Entstehungszeit: vor 1741
Uraufführung: Unbekannt (Erstdruck 1741)

Inhaltsverzeichnis

Bachs Goldberg-Variationen in 5 Sätzen

In den Goldberg-Variationen vollbringt Johann Sebastian Bach das Kunststück, 30 Variationen über ein musikalisches Thema (die „Aria“) zu schreiben, die sich charakterlich stark unterscheiden, obwohl sie (fast) alle in derselben Tonart stehen und über derselben Basslinie aufgebaut sind. Ob die Aria von Bach stammt, ist bis heute umstritten. Die Variationen sind eine Fülle unterschiedlicher Formen und Gattungen, beispielsweise gibt es Polonaisen, Menuette, Sarabanden, kleine Fugen, eine französische Ouvertüre und eine Toccata. Die Bezeichnung „Goldberg“ stammt nicht von Bach, sondern etablierte sich erst später (siehe die „Fragen und Antworten“ unten). Die Goldberg-Variationen sind nach einem strengen Plan aufgebaut – jede dritte Variation ist ein Kanon –, von dem in der letzten Variation „augenzwinkernd“ abgewichen wird (siehe „Highlight Nr. 4“ unten).

Hinweis: Dieses Werk gehört zu den Top 100 Klassische Musik.

4 Highlights aus Bachs Goldberg-Variationen

Highlight 1: Aria

Mit der Aria beginnt und endet das Werk – sie ist die formale Klammer. Ob sie von Bach stammt, ist umstritten – jedenfalls hatte Anna Magdalena Bach, Bachs zweite Ehefrau, das kleine Stück in ihr Notenbüchlein eingetragen.

Der Titel „Aria“ ist nicht zu verwechseln mit einer „Opernarie“ – es handelt sich hier vielmehr um einen bestimmten Typ von Instrumentalmusik, bei dem eine gesangliche Melodie im Vordergrund steht (ein weiteres Beispiel dafür ist Bachs berühmte „Air“).

Die Aria besteht aus 32 Takten, was den insgesamt 32 Sätzen (zweimal die Aria plus 30 Variationen) der Goldberg-Variationen entspricht:

Highlight 2: Variation Nr. 14 – ein „Bravourstück“

Ich bin ja bereits darauf eingegangen, dass in Bachs Goldberg-Variationen viele unterschiedliche Stile und Formen vereint werden. So gibt es beispielsweise auch mehrere sogenannte „Bravourstücke“, und die Variation Nr. 14 ist eines davon.

Ein „Bravourstück“ ist immer von einem gewissen „Showelement“ geprägt – zum Beispiel dem Übereinandergreifen der Hände (so wie hier). Es ist davon auszugehen, dass Bach sich hier am italienischen Stil (zum Beispiel von Domenico Scarlatti) orientierte, den er sich angeeignet hatte, indem er tage- und nächtelang italienische Kompositionen abschrieb:

Highlight 3: Französische Ouvertüre

Die Variation Nr. 16 ist eine Ouvertüre im französischen Stil. Damit wird der zweite Teil der Goldberg-Variationen eingeleitet:

Highlight 4: Quodlibet – die letzte Variation

Die letzte Variation ist ein „Augenzwinkern“ von Bach. Dem strengen Aufbau nach wäre hier eigentlich ein Kanon zu erwarten. Aber was macht Bach? Er bringt ein Quodlibet. In einem Quodlibet werden mehrere unabhängige Melodien übereinandergeschichtet.

Nun hätte Bach hierfür sehr kunstvolle Melodien wählen können. Hat er aber nicht – stattdessen werden in der letzten Variation zwei thüringisch-sächsische Volkslieder miteinander verwoben, nämlich Ich bin so lang nicht bei dir gewest, ruck her, ruck her, ruck her sowie Kraut und Rüben haben mich vertrieben. Zwei richtige Gassenhauer. Bach zeigt uns also, dass sich Strenge und Handwerkskunst auch gut mit einer Prise Humor vertragen 😊

3 Fragen und Antworten zu Bachs Goldberg-Variationen

Frage 1: Was ist das Besondere an den Goldbergvariationen?

Es ist bemerkenswert, dass Bach es schafft, vom immer gleichen Ausgangsmaterial ausgehend 30 so verschiedene Variationen zu schreiben. Nie wird es langweilig und oft ist das Ausgangsmaterial so gekonnt „versteckt“, dass man es kaum noch wahrnimmt (obwohl es immer da ist).

Frage 2: Aus wie vielen Variationen bestehen die Goldbergvariationen?

Die Goldbergvariationen bestehen aus 30 Variationen, die am Anfang und am Ende des Werks von dem Hauptthema (der „Aria“) umrahmt sind.

Frage 3: Warum heißen die Goldbergvariationen so?

Die Bezeichnung „Goldbergvariationen“ geht auf eine Legende zurück, die der Musikwissenschaftler Johann Nikolaus Forkel Anfang des 19. Jahrhunderts verbreitete: Demnach gab es am Dresdner Hof einen russischen Gesandten, der Schlafprobleme hatte. Der persönliche Cembalist des Gesandten hieß Johann Gottlieb Goldberg. Für diesen Cembalisten schrieb Bach die Variationen, damit Goldberg dem Gesandten in seinen schlaflosen Nächten daraus vorspielen konnte.

Die Legende ist allerdings aus zweierlei Gründen anzuzweifeln: Erstens gibt es im Erstdruck der Goldberg-Variationen keine Widmung, zweitens war der Cembalist Johann Gottlieb Goldberg zu dieser Zeit erst 13 Jahre alt. Zwar galt Goldberg als hervorragender Cembalist, die Goldberg-Variationen dürften seine technischen Fähigkeiten in diesem Alter aber trotzdem überstiegen haben.

2 empfehlenswerte Aufnahmen von Bachs Goldberg-Variationen

Aufnahme 1: Kimiko Ishizaka (Studio, 2012)

An dieser Stelle möchte ich gerne auf ein tolles Projekt hinweisen: Im Rahmen von The Open Goldberg Variations entstand im Jahr 2012 eine öffentlich frei zugängliche und verwendbare Aufnahme von Bachs Meisterwerk. Gespielt hat die Pianistin Kimiko Douglass-Ishizaka, und zwar so plastisch, dass man alle Einzelstimmen wunderbar hörend nachverfolgen kann:

Aufnahme 2: Jean Rondeau (Videoproduktion, 2017)

Jetzt kommt etwas für alle Fans des historischen Klangs. Der französische Cembalist und Pianist Jean Rondeau spielt Bachs Goldberg-Variationen nicht auf einem modernen Klavier, sondern auf einem Cembalo:

1 Zitat zu Bachs Goldberg-Variationen

Einst äußerte der Graf gegen Bach, daß er gern einige Clavierstücke für seinen Goldberg haben möchte, die so sanften und etwas muntern Charakters wären, daß er dadurch in seinen schlaflosen Nächten ein wenig aufgeheitert werden könnte. Bach glaubte, diesen Wunsch am besten durch Variationen erfüllen zu können, die er bisher, der stets gleichen Grundharmonie wegen, für eine undankbare Arbeit gehalten hatte.

Schreibe einen Kommentar