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7 Fakten über Beethovens Sinfonie Nr. 3 („Eroica“)

Sie sprengte damals alle Maßstäbe: Beethovens dritte Sinfonie mit dem Beinamen „Eroica“ (die „Heroische“) war länger, größer und monumentaler als die Sinfonien, die das Wiener Publikum um 1800 kannte. Lesen Sie hier, was die „Eroica“ so besonders macht.

Das lesen Sie in diesem Artikel:

1) Die „Eroica“ war Beethovens Liebling.

Vielleicht kennen Sie die „Eroica“, vielleicht nicht. Was Sie aber ganz bestimmt kennen, ist eine andere Beethoven-Sinfonie, nämlich die fünfte.

Die haben Sie gerade nicht im Ohr? Beethovens fünfte Sinfonie ist die mit dem berühmten Anfang, diesem ta-ta-ta-TAAAA, Sie wissen schon…

(hr-Sinfonieorchester, Andrés Orozco-Estrada (Dirigent))

Nun, bei dieser fünften Sinfonie dürfte es sich zweifellos um die heute berühmteste Beethoven-Sinfonie handeln. Auch zu Beethovens Zeiten war die fünfte Sinfonie eine seiner bekanntesten Werke.

Deshalb dachte Christoph Kuffner, ein österreichischer Dichter, dass Beethoven seine fünfte Sinfonie selbst als sein wichtigstes Werk erachten würde. Im Sommer 1817 fragte Kuffner Beethoven: „Herr Beethoven, welche Ihrer Sinfonien ist die bedeutendste?“

Beethovens Antwort: „Die Eroica.“

2) Beethoven hat einen „Noise-Killer“ komponiert.

Doch nicht nur die fünfte, auch die dritte Sinfonie hat einen berühmten Anfang. Das Konzertpublikum im frühen 19. Jahrhundert war sehr anders als heute. Ruhigsitzen und Schweigen waren, gerade zu Beginn eines Konzerts, nicht unbedingt die Regel.

Gut, wenn man da deutlich hören konnte, wann die Musik begann! Genau das stellt Beethoven mit dem Anfang der „Eroica“ sicher. Es handelt sich um einen sogenannten „Noise-Killer“ – zwei Schläge des ganzen Orchesters, die mit dem eigentlichen musikalischen Material noch nichts zu tun haben:

(hr-Sinfonieorchester, Andrés Orozco-Estrada (Dirigent))

Es ist, als würde Beethoven sagen: „Aufgepasst! Es geht los!“ Dieser Anfang hat damals ordentlich Eindruck gemacht, denn…

3) …„Himmel und Erde erzittern!“

Ferdinand Ries, ein Schüler Beethovens, war von der „Eroica“ schwer beeindruckt. Ries übernahm auch die Aufgabe, die Sinfonie dem Bonner Verleger Nikolaus Simrock zum Druck anzubieten. Am 22. Oktober 1803 schreibt Ries an Simrock:

„Es ist nach seiner [Beethovens] eigenen Äußerung das größte Werk, welches er bisher schrieb. Beethoven spielte sie [die dritte Sinfonie] mir neulich und ich glaube, Himmel und Erde müssen zittern bei ihrer Aufführung.“

Mit dem Zittern ist es bis heute übrigens nicht vorbei. Wenn vielleicht auch nicht Himmel und Erde, so zittern zumindest bis heute die Musiker, denn…

4) …Beethovens dritte Sinfonie ist unter Hornisten gefürchtet.

Im dritten Satz der „Eroica“ hat eine Instrumentengruppe ihren großen Auftritt: die Hörner. Im Terzett spielen sie sogenannte „Hornquinten“ und weckten damit beim damaligen Publikum vielleicht Assoziationen an die Jagd. Einfach zu spielen ist das nicht:

(hr-Sinfonieorchester, Andrés Orozco-Estrada (Dirigent))

5) Beethovens „Eroica“ war – vielleicht – eine Bewerbung.

Um 1804 spielte Beethoven mit dem Gedanken, von Wien nach Paris umzuziehen, denn er war begeistert von Napoleon. Es ist deshalb denkbar, dass Beethoven die „Eroica“ schrieb, um sie Napoleon in Paris persönlich zu zeigen. Dass Beethoven darum bemüht war, Napoleons Gunst zu erringen, beweist schon die Tatsache, dass die dritte Sinfonie ursprünglich den Titel „Buonaparte“ erhalten sollte.

Doch Beethovens Begeisterung für Napoleon währte nicht lange. Als Napoleon sich am 2. Dezember 1804 selbst zum Kaiser krönte, war Beethoven schwer enttäuscht. Napoleons Selbstkrönung war für Beethoven ein Verrat der Ideale der Revolution – „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“.

So kam es, dass Beethoven die Widmung für Napoleon zurücknahm und in Wien blieb. Sein Schüler Ferdinand Ries (dessen Bekanntschaft Sie weiter oben schon gemacht haben) will sogar beobachtet haben, wie Beethoven das Titelblatt der Sinfonie (worauf die Widmung an Napoleon geschrieben war) zerrissen hat.

Ob sich das tatsächlich so zugetragen hat, ist allerdings fraglich. Unstrittig und für heutige Musikliebhaber sogar außerordentlich wertvoll ist jedoch die Tatsache, dass Beethoven die Sinfonie auch nach der Zurücknahme der Widmung nicht mehr musikalisch veränderte.

So lassen sich auch heute noch Elemente der einstigen „Bewerbung nach Frankreich“ in der Sinfonie finden, zum Beispiel…

6) …der Trauermarsch.

Ja, Beethovens dritte Sinfonie hat tatsächlich einen Trauermarsch! Es handelt sich dabei um den zweiten Satz:

(hr-Sinfonieorchester, Andrés Orozco-Estrada (Dirigent))

Dieses in damaligen Sinfonien ungewöhnliche Element ist ein Rest von Beethovens Frankreich-Begeisterung: Ab 1789 war das Spielen von Trauermärschen Bestandteil von Totenehrungen in Frankreich.

7) Beethovens dritte Sinfonie wurde zuerst im privaten Rahmen aufgeführt.

Dass man als Künstler manchmal einfach die richtigen Leute kennen muss, wusste vor Beethoven schon Mozart. Zu Beethovens Förderern zählten viele einflussreiche Personen, darunter auch der Fürst Joseph Lobkowitz.

In Lobkowitz‘ Wiener Palais (bis heute das „Palais Lobkowitz“) wurde die „Eroica“ am 9. Juni 1804 im privaten Rahmen uraufgeführt. Die erste öffentliche Aufführung fand erst fast ein Jahr später unter Beethovens Leitung im Theater an der Wien statt.

Jonathan Stark – Dirigent
Jonathan Stark – Dirigent

Hallo! Ich bin Jonathan Stark. Als Dirigent ist es mir wichtig, dass Konzert- und Opernbesuche beim Publikum einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dabei hilft Hintergrundwissen. Deshalb blogge ich hier über Schlüsselwerke der klassischen Musik, über Komponisten und Komponistinnen, über die Oper und vieles mehr, was sich in der aufregenden Musikwelt ereignet.

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Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Ray

    „zwei Schläge des ganzen Orchesters, die mit dem eigentlichen musikalischen Material noch nichts zu tun haben“:
    das stimmt leider nicht: diese zwei Noise-Killer werden motivisch bearbeited und entwickeln sich zum Höhepunkt des ersten Satzes. Das sollte man als Dirigent eventuell berücksichtigen…

    1. Vielen Dank für Ihren Kommentar! Ja, das ist eine mögliche Lesart. Das betrifft die große Diskussion, wo die Anonymität von Material aufhört und die aktive Verarbeitung von Material anfängt. Zwei Tutti-Schläge per se sind ein relativ „anonymes“ Material. Nun kann man aus einer gewissen Perspektive auf Beethoven blicken – aus jener Perspektive nämlich, die durch eine ganz bestimmte Musikgeschichtsschreibung geprägt wurde und ungefähr lautet : „Bei Beethoven ist alles aus allem abgeleitet.“ Dann hört man „genau diese“ Tutti-Schläge vom Beginn plötzlich überall. Belastbar zu argumentieren, dass es sich um die Tutti-Schläge vom Anfang handelt, die „verarbeitet“ werden, dürfte allerdings mit Herausforderungen verbunden sein.
      Ein ähnliches Beispiel ist Bachs Invention Nr. 1 in C-Dur: Da wird oft als gesichert angenommen, Bach hätte die ganze Invention aus Transpositionen, Krebs und Krebs-Umkehrung zusammengesetzt, fast im Sinne einer Vorwegnahme von Schönberg. So wird das in der Schule auch EXTREM gerne unterrichtet (vielleicht, weil es einigermaßen „schön aufgeht“). Keine Frage: Man kann die Transpositionen, den Krebs und die Krebs-Umkehrung in der Invention finden, wenn man sie sucht (=Perspektive). Komischerweise wird aber kaum jemals die Gegenprobe gemacht: Man versuche einmal, mit demselben „anonymen“ Material, das Bach verwendet (in diesem Fall einer Skala), eine Invention zu schreiben, in der es KEINE Transposition, KEINEN Krebs und KEINE Krebsumkehrung gibt. DAS wäre mal eine Aufgabe 🙂
      Ist einigermaßen klar geworden, was ich meine? Würde mich freuen, wenn Sie sich noch einmal melden. Es ist eine interessante Diskussion.

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