Edward Elgar

Cellokonzert

Erklärt nach der 5-4-3-2-1-Methode

Dauer: ca. 30 Minuten
Gattung: Solokonzert
Entstehungszeit: 1918–1919
Uraufführung: 27. Oktober 1919 (London)

Inhaltsverzeichnis

Elgars Cellokonzert in 5 Sätzen

In seinem Cellokonzert verarbeitete der englische Komponist Edward Elgar viele Eindrücke, die ihn schwer getroffen hatten: In Europa tobte der Erste Weltkrieg, Elgars Ehefrau Alice war schwer erkrankt, Elgar selbst musste sich einer Mandeloperation unterziehen. Unmittelbar nach dieser Operation fiel Elgar das Hauptthema für sein Cellokonzert ein, ohne dass er zunächst wusste, was er daraus machen sollte – die Entscheidung, es als Grundlage für ein Cellokonzert zu verwenden, fiel erst später. Für die Arbeit an seinem Cellokonzert zog sich Elgar nach Worcestershire zurück, wo er seine Kindheit verbracht hatte. Das Cellokonzert ist Elgars letzte große Komposition, es hat etwas von einem „geplanten Abschied“ (siehe auch das Zitat unten), ein bisschen fühlt man sich an den Entstehungskontext von Tschaikowskis Symphonie Nr. 6 erinnert.

Hinweis: Dieses Werk gehört zu den Top 100 Klassische Musik.

4 Highlights aus Elgars Cellokonzert

Highlight 1: ein besonderes Verhältnis zwischen Soloinstrument und Orchester

Bei Solokonzerten ist immer die Frage, wie das Verhältnis zwischen Soloinstrument und Orchester gestaltet ist. Der „Regelfall“ ist fast immer eines von zwei Extremen: Entweder liefern sich Soloinstrument und Orchester einen Wettstreit, oder das Orchester tritt größtenteils zurück und begleitet das Soloinstrument.

In Elgars Cellokonzert jedoch will mir keine dieser beiden Möglichkeiten so wirklich passend erscheinen. Ich denke, Unterstützung ist hier der passendere Ausdruck: Soloinstrument und Orchester unterstützen sich gegenseitig. Weiß der eine nicht weiter, übernimmt der andere. So ist das zum Beispiel am Anfang: Das Cello beginnt mit einem solistischen Statement (wird hierbei vom Orchester nur mit einzelnen Akkorden – ähm – unterstützt 😉), „verläuft“ sich dann aber in der Höhe…worauf das Orchester übernimmt…

Highlight 2: Verklingen…lebhaft? Lebhaft!

Einen bemerkenswerten Übergang hat Elgar vom ersten zum zweiten Satz komponiert: Der erste Satz verklingt in den tiefen Streichern, dann setzt das Cello mehrmals mit einer lebhaften Geste an, bricht aber immer wieder ab. Es ist, also würde das Soloinstrument eine Frage stellen: „Kommt jetzt der schnelle Satz? Macht ihr mit?“ 😊

Es dauert eine ganze Weile, bis das Orchester auch wirklich mitzieht (11:16 im Video) – aber dann ist der schnelle Satz eröffnet:

Highlight 3: dritter Satz – Lied ohne Worte

Auch der dritte Satz ist besonders: Er ist so etwas wie eine „Arie“, nur eben rein instrumental – also ein Lied ohne Worte. (Diese Gattung ist übrigens älter, als die meisten denken – schon von Bach gibt es ja das berühmte „Air“.) Die klanglich schweren Instrumente (Blechbläser) schweigen in diesem Satz:

Highlight 4: Erinnerungen an Früheres

Ich denke, aus den bisherigen Highlights ist recht deutlich geworden, dass Elgar vor allem auf Formebene einige erstaunliche Dinge in seinem Cellokonzert realisiert hat. Genau das gilt auch für den letzten Satz: Kurz vor Schluss bringt Elgar Zitate aus dem ersten Satz, bevor er sein Cellokonzert mit dem vollen Orchesterklang beendet. Fast fühlt man sich ein wenig an Beethovens Neunte erinnert, in der ja auch im letzten Satz noch einmal die Themen aus den vorangegangenen Sätzen zitiert werden.

3 Fragen und Antworten zu Elgars Cellokonzert

Frage 1: Was passierte bei der Uraufführung von Elgars Cellokonzert?

Elgar dirigierte zwar die Uraufführung seines Cellokonzerts selbst (Solist war der englische Cellist Felix Salmond, Orchester das London Symphony Orchestra), doch das restliche Programm des Konzerts dirigierte ein anderer Dirigent (Albert Coates). Dieser hatte für das restliche Programm, insbesondere für ein technisch herausforderndes Stück von Skrjabin, den Hauptteil der Probenzeit reserviert, sodass Elgars Cellokonzert zu wenig geprobt wurde. Die Kritiken der Uraufführung waren daher zweigeteilt: Während die musikalische Darbietung kritisiert wurde, wurde Elgars Komposition als solche gelobt.

Frage 2: Wie bekannt ist Elgars Cellokonzert?

Bemerkenswert ist zunächst, dass es sehr frühe Plattenaufnahmen von Elgars Cellokonzert gibt. Eine gekürzte Aufnahme stammt aus dem Jahr 1919, eine vollständige Aufnahme entstand 1928. In beiden Fällen ist die Cellistin Beatrice Harrison zu hören und Elgar dirigiert selbst! Danach wurde das Stück allerdings nur selten gespielt, bis die britische Cellistin Jacqueline du Pré im Jahr 1965 im Alter von nur 20 Jahren so etwas wie eine Elgar-Renaissance einläutete. Seit ihrer Einspielung von Elgars Cellokonzert gehört das Stück zu den meistgespielten Werken für Cello und Orchester.

Frage 3: Wie viele Solokonzerte komponierte Edward Elgar?

Edward Elgar komponierte ein Violinkonzert (1910) und ein Cellokonzert (1919). Außerdem begann er die Arbeit an einem Klavierkonzert, das jedoch unvollendet blieb.

2 empfehlenswerte Aufnahmen von Elgars Cellokonzert

Aufnahme 1: Narek Hakhnazaryan, Wiener Symphoniker, Jakub Hrůša (live, 2019)

Diese Aufnahme mit dem Cellisten Narek Hakhnazaryan, den Wiener Symphonikern und dem Dirigenten Jakub Hrůša entstand im Wiener Konzerthaus:

Aufnahme 2: Bryan Cheng, Antwerp Symphony Orchestra, Giordano Bellincampi (live, 2022)

Wie Sie schon in der ersten Aufnahme hören konnten, setzen sich viele junge Cellisten mit Elgars Cellokonzert auseinander. Ich bewundere hier vor allem den kanadischen Cellisten Bryan Cheng, dessen Interpretation von Elgars Komposition mit dem Antwerp Symphony Orchestra und Giordano Bellincampi im Rahmen der Queen Elisabeth Competition 2022 entstand:

1 Zitat zu Elgars Cellokonzert

Ich kann mir nicht vorstellen, jemals wieder ein neues Stück zu vollenden. Es gibt keinen Anreiz, etwas zu Ende zu bringen.

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