Dmitri Schostakowitsch

Symphonie Nr. 5

Erklärt nach der 5-4-3-2-1-Methode

Dauer: 45–50 Minuten
Gattung: Symphonie
Entstehungszeit: 1937
Uraufführung: 21. November 1937 (Leningrad)

Inhaltsverzeichnis

Schostakowitschs Symphonie Nr. 5 in 5 Sätzen

Mit seiner Symphonie Nr. 5 gelang Dmitri Schostakowitsch ein Spagat in einer Ausnahmesituation: Das Werk entstand während des Großen Stalinistischen Terrors, einer umfassenden Verfolgungsaktion in der Sowjetunion. Schostakowitsch, der nach kritischen Zeitungsartikeln über seine früheren Werke hochgradig gefährdet war, wusste, was von ihm erwartet wurde: Ein großes Werk, das der Verherrlichung des Regimes diente und möglichst dem Muster „per aspera ad astra“ (wie bei den großen Vorbildern Beethoven 5, Tschaikowski 5 und Mahler 5) folgte. Diesen Anforderungen kam er in der Symphonie Nr. 5 nach – scheinbar.

Hinweis: Dieses Werk gehört zu den Top 100 Klassische Musik.

4 Highlights aus Schostakowitschs Symphonie Nr. 5

Highlight 1: Ausdrucksstarke Eröffnungsgeste

Ich kenne kein Werk, das in seiner „Ideologie“ so konsequent zweideutig ist wie Schostakowitschs Fünfte. Schostakowitsch brachte damit wirklich ein großes Kunststück fertig (wovon auch sein Leben abhing).

Das beginnt gleich mit der Eröffnungsgeste: Die wilden Sprünge aufwärts und abwärts wurden von der sowjetischen Kritik natürlich als „Heldenkampf“ gedeutet. Aber kämpft hier wirklich ein Stalin-Verehrer? Könnte man diese Sprünge, die sich noch dazu „gegenseitig verfolgen“, nicht auch als ein „Sich-zur-Wehr-setzen“ – GEGEN Stalin – hören?

Highlight 2: Ein vorgetäuschter Ländler

Der zweite Satz klingt beim oberflächlichen Anhören harmlos, geradezu „lustig“. Auf einer Ebene sagt Schostakowitsch: „Lieber Stalin, wir sind so dankbar für das großartige Leben, das wir in der Sowjetunion haben, gepriesen seist Du.“ Auf der anderen Ebene gibt es immer wieder merkwürdige Missklänge, die Musik scheint falsch abzubiegen…vielleicht ist das doch alles nicht so lustig?

Highlight 3: Aggressivität

Der letzte Satz beginnt mit einer großen Steigerung, woraufhin die Pauke mit einer aggressiven Figur einsetzt. Aggressivität war in der sowjetischen Kritik nicht unwillkommen, vor allem…

Highlight 4: Verordneter Triumph

…wenn dann so ein triumphaler Schlussmarsch folgt wie hier. Es ist wirklich sehr einfach, diesen Schluss als positiv und voller Freude zu hören. Ob Schostakowitsch das aber wirklich gemeint hat? Dieser Schlussmarsch ist so übersteigert, so verzerrt, dass er für mich eher nach „verordneter Freude“ klingt:

3 Fragen und Antworten zu Schostakowitschs Symphonie Nr. 5

Frage 1: Ist Schostakowitschs 5. Symphonie Programmmusik?

Schostakowitsch täuscht in seiner 5. Symphonie ein regimetreues Programm vor, das die sowjetischen Kritiker übereinstimmend wie folgt bezeichneten: Erster Satz – heroische Tragödie. Zweiter Satz – Ausdruck gesunder Lebensfreude. Dritter Satz – Meditation. Vierter Satz – Erringen des Sieges.

Frage 2: Was ist das Besondere an Schostakowitschs Symphonie Nr. 5?

Neben den bedrückenden Entstehungsumständen und dem vorgetäuschten Programm ist auf technischer Ebene vor allem der Einsatz des Klaviers als Orchesterinstrument zu nennen: Schostakowitsch benutzt das Klavier, um kurze, prägnante Klänge zu erzielen.

Frage 3: War Schostakowitschs 5. Symphonie erfolgreich?

Ja. Die 5. Symphonie von Schostakowitsch war von Anfang an ein Publikumserfolg, vor allem wegen des Schlussmarsches, der als Triumphmarsch für das Stalin-Regime angesehen wurde. Der Applaus nach der Uraufführung soll über eine halbe Stunde lang angehalten haben. Schostakowitschs Täuschung war also geglückt, mit dem Ergebnis, dass er nun öfter für die Propaganda missbraucht wurde – der er sich allerdings auch immer wieder geschickt widersetzte, zum Beispiel in seiner Symphonie Nr. 9.

2 empfehlenswerte Aufnahmen von Schostakowitschs Symphonie Nr. 5

Aufnahme 1: WDR Sinfonieorchester, Semyon Bychkov (Videoproduktion, 2007)

Eine überwältigende Interpretation von Schostakowitschs 5. Symphonie stammt vom WDR Sinfonieorchester unter der Leitung seines damaligen Chefdirigenten Semyon Bychkov:

Aufnahme 2: WDR Sinfonieorchester, Manfred Honeck (live, 2022)

Es ist spannend, zwei verschiedene Aufnahmen zu vergleichen, bei denen zwar dasselbe Orchester spielt, aber ein anderer Dirigent am Werk ist. Hier spielt ebenfalls das WDR Sinfonieorchester, der Dirigent ist aber Manfred Honeck:

1 Zitat zu Schostakowitschs Symphonie Nr. 5

Das Ende klingt nicht wie ein Kehraus (und ganz sicher nicht wie ein Triumph oder Sieg), sondern wie eine Strafe oder Rache an jemandem.

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