Johann Sebastian Bach

H-Moll-Messe

Erklärt nach der 5-4-3-2-1-Methode

Dauer: ca. 110 Minuten
Gattung: Missa solemnis
Entstehungszeit: 1724–1749
Uraufführung: Unbekannt (erste gesicherte Aufführung erst 1834/35 in Berlin)

Inhaltsverzeichnis

Bachs H-Moll-Messe in 5 Sätzen

Johann Sebastian Bach arbeitete fast sein halbes Leben lang an seiner H-Moll-Messe: Nachdem er im Jahr 1724 ein „Sanctus“ für den ersten Weihnachtsfeiertag komponiert hatte, schrieb er im Jahr 1733 ein „Kyrie“ und ein „Gloria“ für den Dresdner Hof. In den Jahren 1748 und 1749 fasste er diese drei Einzelteile schließlich zu einer Messe zusammen und schuf die restlichen Sätze („Credo“, „Sanctus“ und „Agnus Dei“), wofür er größtenteils bereits vorhandene Musik aus seinen Kantaten verwendete (sogenanntes „Parodieverfahren“). Vorbilder für lateinische Messkompositionen fand Bach in den italienischen Komponisten Giovanni Pierluigi da Palestrina und Francesco Gasparini, deren Werke er intensiv studierte, indem er sie tage- und nächtelang abschrieb. Die Dimensionen von Bachs H-Moll-Messe gehen weit über die seinerseits übliche Liturgie hinaus, sodass eine Gesamtaufführung zu Lebzeiten Bachs unwahrscheinlich, aber nicht undenkbar ist.

Hinweis: Dieses Werk gehört zu den Top 100 Klassische Musik.

4 Highlights aus Bachs H-Moll-Messe

Highlight 1: Kyrie

Das Kyrie in Bachs H-Moll-Messe folgt der traditionellen dreiteiligen Form: Zwei „Kyrie-eleison-Teile“ umrahmen den „Christe-eleison-Teil“:

Highlight 2: Eröffnungschor des Gloria

Hier stellt Bach den himmlischen König durch zwei Aspekte musikalisch dar: Erstens erklingen hier zum ersten Mal die Pauken und Trompeten, die für den majestätischen Klang sorgen, zweitens steht der Satz in einem Dreiertakt. Der Dreiertakt, das sogenannte „tempus perfectum“, stand zu Bachs Zeiten analog für die Dreifaltigkeit:

Highlight 3: Symmetrie im Credo

Das Credo ist ein architektonisches Kunstwerk. Es ist streng symmetrisch aufgebaut: Im Zentrum stehen drei Chorsätze über die Kreuzigung Christi. Am Anfang und am Ende des Credos stehen jeweils zwei Chorsätze, in denen Menschwerdung und Auferstehung Christi thematisiert werden. Und zwischen den Chorsätzen steht einmal ein Duett und einmal eine Arie. Die Gesamtstruktur lautet also 2-1-3-1-2:

Highlight 4: Dona nobis pacem

Bach betont im abschließenden Satz der H-Moll-Messe das Wort „pacem“ („Frieden“), indem er zwei musikalische Themen mit unterschiedlicher Textreihenfolge miteinander kombiniert: Im ersten Thema lautet der Text „dona nobis pacem“, im zweiten Thema „pacem dona nobis“:

3 Fragen und Antworten zu Bachs H-Moll-Messe

Frage 1: Hat die Tonart h-Moll eine Bedeutung?

H-Moll ist eine besondere Tonart. Sie steht immer für etwas Jenseitiges, etwas Ungreifbares, für etwas, das einem Ehrfurcht einflößt. Der Musikschriftsteller Johann Mattheson (ein Zeitgenosse Bachs) beschrieb h-Moll als „bizarr, unlustig und melancholisch“. Auffallend ist, dass weitere emotional eher „düstere“ Werke der klassischen Musik in h-Moll stehen: Zu nennen sind hier insbesondere Schuberts Symphonie in h-Moll (die „Unvollendete“) und Franz Liszts H-Moll-Sonate.

Frage 2: Warum fasste Bach mehrere Einzelwerke zur großen H-Moll-Messe zusammen?

Auffällig ist, dass Bach ab Mitte der 1730er Jahre danach strebte, zyklische Werke zu schaffen. Dazu zählen etwa die Goldberg-Variationen, das Weihnachtsoratorium sowie Die Kunst der Fuge. Man könnte daher zumindest vermuten, dass Bach seine H-Moll-Messe im Kontext des Interesses an zyklischen Werken schuf.

Frage 3: Wie wirkte Bachs H-Moll-Messe auf spätere Generationen?

Bachs Reputation und insbesondere die Reputation seiner H-Moll-Messe waren großen Schwankungen unterworfen. Als die Messe beispielsweise im Jahr 1818 zum ersten Mal gedruckt wurde, wurde sie als das „grösste musikalische Kunstwerk aller Zeiten und Völker“ angepriesen. Später im 19. Jahrhundert wiederum wurde das Werk geradezu verachtet, vor allem deshalb, weil Bach das Parodieverfahren so umfangreich angewendet hatte. Zur Zeit der Romantik war man aber viel mehr an „Originalen“ interessiert, nicht am „Recycling“ früherer Werke. Heute ist die H-Moll-Messe die am häufigsten aufgeführte Komposition von Bach (noch vor der Matthäus-Passion).

2 empfehlenswerte Aufnahmen von Bachs H-Moll-Messe

Aufnahme 1: Balthasar-Neumann-Ensemble, -Chor und -Solisten, Thomas Hengelbrock (Live, 2020)

Der Dirigent Thomas Hengelbrock vollbringt hier erstens die beachtliche Gedächtnisleistung, die gesamte H-Moll-Messe auswendig zu dirigieren, und führt zweitens das Balthasar-Neumann-Ensemble in dieser Aufführung in der Hamburger Elbphilharmonie durch eine Interpretation, die mit ausgewogener Klanglichkeit überzeugt:

Aufnahme 2: Netherlands Bach Society, Jos van Veldhoven (Live, 2016)

Auch die Netherlands Bach Society unter der Leitung von Jos van Veldhoven hat eine sehr fein artikulierte Aufnahme von Bachs H-Moll-Messe produziert:

1 Zitat zu Bachs H-Moll-Messe

Das größte Kunstwerk, das die Welt je gesehen hat.

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