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Wie Prokofjew, Saint-Saëns und Britten Kinder für Musik begeistern

Wie kann man Kindern klassische Musik nahebringen? Drei sehr berühmte Komponisten hatten eine Idee. Sie haben einfach das getan, was sie am besten konnten: Komponieren.

Das lesen Sie in diesem Artikel:

In diesem Artikel lernen Sie drei Werke kennen, die seit Jahrzehnten bei Kindern die Begeisterung für klassische Musik entfachen. Aber: Auch als Erwachsener lohnt es sich, diese Werke immer wieder zu hören.

Sergei Prokofjew, Peter und der Wolf

Wenn Sie deutschsprachig sind, sind die Chancen groß, dass Sie in Ihrer Kindheit mit Prokofjews Peter und der Wolf in Berührung gekommen sind. Obwohl Prokofjew ein sowjetischer Komponist war, ist Peter und der Wolf von den drei hier vorgestellten Werken im deutschsprachigen Raum am beliebtesten.

Prokofjew schreibt hier Programmmusik: Eine Erzählung wird mit Musik verbunden. Ziel ist es, die einzelnen Instrumentengruppen des Orchesters vorzustellen. Prokofjew hat nicht nur die Musik geschrieben, sondern auch die dazugehörige Erzählung selbst verfasst.

In der Erzählung geht es um Peter. Peter ist ein kleiner Junge, der bei seinem Großvater lebt. Als Peter eines Tages das Gartentor offenstehen lässt, kommt der Wolf, was zur Aufregung bei allerhand Tieren führt, die im Garten leben: Es gibt eine Ente, einen Vogel und eine Katze. Am Ende wird der Wolf natürlich gefangen, sodass die anrückenden Jäger nicht mehr auf ihn schießen müssen.

Prokofjews Trick: Die Charaktere der Erzählung werden den Instrumenten(-gruppen) zugewiesen:

  • Peter: Violinen
  • Vogel: Querflöte
  • Ente: Oboe
  • Katze: Klarinette
  • Großvater: Fagott
  • Wolf: Hörner
  • Jäger: Trompeten und Pauke

Darüber hinaus bekommt jeder Charakter ein eigenes musikalisches Thema, das sich in Artikulation und Dynamik von den anderen Themen unterscheidet. Je nachdem, was in der Erzählung passiert, werden die einzelnen Themen und Instrumentengruppen miteinander kombiniert. So kann man die Erzählung sehr einfach hörend nachvollziehen. Hören Sie selbst:

Es spielt das hr-Sinfonieorchester unter der Leitung von Anna Skryleva. Der Erzähler ist Ulrich Noethen.

Camille Saint-Saëns, Der Karneval der Tiere

Der Karneval der Tiere von Camille Saint-Saëns ist vor allem im französischsprachigen Raum beliebt, aber auch im deutschsprachigen Raum kennt man ihn. Die Idee, die Saint-Saëns verfolgt, ist eigentlich gar nicht so verschieden von Prokofjews Idee: Unterschiedliche Tiere werden durch eine jeweils eigene Musik charakterisiert.

Ein paar Unterschiede gibt es aber doch. Die Instrumente sind nicht so konsequent an die Tiere gekoppelt, wie es bei Prokofjew der Fall ist. Das hat damit zu tun, dass Saint-Saëns Karneval der Tiere für Kammerorchester (mit lediglich 11 Instrumenten) komponiert ist, während Prokofjews Peter und der Wolf für volles Sinfonieorchester geschrieben wurde.

So verkörpern Klavier und Streicher sowohl die Löwen als auch die Schildkröten (lustig, oder? 😊). Trotzdem bedient Saint-Saëns bestimmte Assoziationen: Dass der schwere, dunkle Klang des Kontrabasses den Elefanten verkörpert, ist natürlich kein Zufall.

Der Karneval der Tiere ist in vierzehn kleine Sätze gegliedert. Erkennen Sie die Löwen, Hühner, Schildkröten und Elefanten? 😊

Es spielt das Münchner Rundfunkorchester unter der Leitung meiner lieben Kollegin Marie Jacquot. Uta Sailer und Johannes Volkmann sind die Erzähler.

Benjamin Britten, The Young Person’s Guide to the Orchestra

Auch The Young Persons’s Guide to the Orchestra des britischen Komponisten Benjamin Britten ist sehr berühmt. Es ist das „technischste“ der drei hier vorgestellten Stücke.

Damit meine ich, dass es die Verbindung von Instrumenten und Tieren bei Britten nicht gibt. Zwar gibt es auch für The Young Persons’s Guide to the Orchestra eine Erzählung; diese funktioniert aber eher wie eine Dokumentation. Britten hat das Stück für einen Dokumentarfilm geschrieben, in dem die Instrumente des Orchesters vorgestellt werden.

Im Unterschied zu Prokofjew und Saint-Saëns greift Britten auf eine alte Vorlage zurück: Das Rondo aus der Abdelazer Suite des (ebenfalls britischen) Komponisten Henry Purcell ist die Grundlage für Brittens Stück.

The Young Person’s Guide to the Orchestra hat ein Thema, Variationen und eine Schlussfuge. Das Ziel besteht auch hier, genau wie bei Prokfjew, darin, die Orchesterinstrumente vorzustellen. Dazu wird das Thema zuerst vom gesamten Orchester gespielt, dann nacheinander von den Holzbläsern, den Blechbläsern, den Streichern und dem Schlagwerk.

In den darauffolgenden Variationen übernimmt jeweils ein Instrument die „Hauptrolle“. Diese Entwicklung gipfelt dann in der Schlussfuge, in der alle Instrumente des Orchesters wieder vereint werden. Hören Sie selbst:

Es spielt das YouTube Symphony Orchestra unter der Leitung von Michael Tilson Thomas.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen zeigen, dass Prokofjew, Saint-Saëns und Prokofjew sich ganz schön Mühe gegeben haben, um Kindern die Musik näherzubringen. Aber auch als Erwachsener kann man ihre drei Stücke nicht oft genug hören – man entdeckt immer wieder etwas Neues.

Jonathan Stark – Dirigent
Jonathan Stark – Dirigent

Hallo! Ich bin Jonathan Stark. Als Dirigent ist es mir wichtig, dass Konzert- und Opernbesuche beim Publikum einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dabei hilft Hintergrundwissen. Deshalb blogge ich hier über Schlüsselwerke der klassischen Musik, über Komponisten und Komponistinnen, über die Oper und vieles mehr, was sich in der aufregenden Musikwelt ereignet.

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Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Martin

    Interessanter Vergleich!

    Liebe Grüße

    Martin

    P.S.: Viel Spaß in St. Moritz!

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