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Wie ein Schuhkarton die klassische Musik in Dallas auf ein neues Level hob

Dallas, 1980: Das Dallas Symphony Orchestra spielt Tag für Tag und Woche für Woche in der Music Hall at Fair Park. Das Problem: Man hört nichts.

Das lesen Sie in diesem Artikel:

Weltklassemusiker brauchen Weltklasseakustik

Die Akustik in der Music Hall ist eine Katastrophe. Die Musiker auf der Bühne hören sich kaum gegenseitig; im Publikumssaal ist die Situation noch schlimmer. In Reihe 14 hört man nur Streicher, in Reihe 23 nur Posaunen und in Reihe 31 gar nichts.

Musizieren auf Weltklasseniveau? Unmöglich. Eine neue Konzerthalle muss her. Da hilft der Blick über den Atlantik.

Die Akustik im Schuhkarton ist die beste

Denn in Europa gibt es schon seit langer Zeit die akustisch besten Konzerthäuser. In Wien wird der Musikverein bereits seit über 100 Jahren für seine Akustik gelobt; dasselbe gilt für das Concertgebouw in Amsterdam.

Bis heute sind in Wien und Amsterdam zwei der besten Orchester der Welt beheimatet – die Wiener Philharmoniker und das Koninklijk Concertgebouworkest. Zufall? Sicher nicht.

Sowohl der Wiener Musikverein als auch das Amsterdamer Concertgebouw ist nach dem sogenannten „Schuhschachtel-Prinzip“ erbaut. Kurz gesagt: Der Konzertsaal im Gebäudeinneren ist ein Quader. (Wenn Sie es genauer wissen möchten: Die Summe aus Saalbreite und Saalhöhe ergibt die Saallänge.)

Erstaunlich, aber wahr: Dieses vielleicht einfachste Bauprinzip überhaupt ergibt die beste Akustik – jedenfalls wenn klassisch musiziert werden soll. Im Dallas der 1980er hieß es also: Eine Schuhschachtel muss her!

Erst das Geld, dann die Stars

Auch wenn es nur um eine Schuhschachtel geht: Teuer ist so ein neues Konzerthaus allemal. Deshalb wurde in Dallas das benötigte Geld – ganz nach amerikanischer Art – aus der freien Wirtschaft eingesammelt. Wenn Sie sich also fragen sollten, warum in den USA so viele Gebäude nach einer Person benannt sind, ist die Antwort recht einfach: In den meisten Fällen handelt es sich dabei schlicht um den größten Geldgeber.

So war es auch in Dallas. Das neu erbaute Konzerthaus wurde auf den Namen Morton H. Meyerson Symphony Center getauft, weil der Konzern Electronic Data Systems um den texanischen Manager Morton H. Meyerson hohe Geldsummen in das Projekt investiert hatte.

Meyerson_Center_Dallas

Doch es hat sich gelohnt: Am 6. November 1989 wurde das Meyerson Center eröffnet. Isaac Stern spielte Ludwig van Beethovens Violinkonzert.

Ein Hoch auf die Schuhschachtel!

Seitdem ist das Dallas Symphony Orchestra im Meyerson Center beheimatet und muss sich nicht mehr mit der schlechten Akustik in der Music Hall at Fair Park herumplagen. Denn das Schuhschachtel-Prinzip ging wieder einmal auf: Die Akustik im Meyerson Center gilt als hervorragend. So adelte auch Jaap van Zweden (Musikdirektor des Dallas Symphony Orchestra von 2008 bis 2018) die neue Konzerthalle:

Die Akustik dieses Saals ist vergleichbar mit den großen Konzertsälen Europas, ja der Welt. Der Konzertsaal selbst wird zu einem Instrument des Orchesters, und wir stellen uns darauf ein und stimmen unser Musizieren Woche für Woche fein auf den Saal ab.

Jonathan Stark – Dirigent
Jonathan Stark – Dirigent

Hallo! Ich bin Jonathan Stark. Als Dirigent ist es mir wichtig, dass Konzert- und Opernbesuche beim Publikum einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dabei hilft Hintergrundwissen. Deshalb blogge ich hier über Schlüsselwerke der klassischen Musik, über Komponisten und Komponistinnen, über die Oper und vieles mehr, was sich in der aufregenden Musikwelt ereignet.

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