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Metronom (Musik): Tempo finden leicht gemacht – oder?!

Ein Metronom ist ein Gerät, mit dem das Tempo eines
Musikstücks angegeben werden kann. Früher funktionierten Metronome
ausschließlich mechanisch, heute sind sie meistens elektronisch. Ein Metronom
ist oft in elektronischen Musikinstrumenten wie Keyboards oder E-Pianos eingebaut,
steht aber auch online oder als App zur Verfügung.

Das lesen Sie in diesem Artikel:

Kaum ein Aspekt beeinflusst die Wirkung eines Musikstücks so stark wie das Tempo. Die Frage, wie das „richtige Tempo“ eines Musikstücks gewählt werden kann, wurde daher schon früh in der Musikgeschichte diskutiert.

Nun könnte man meinen, das Metronom wäre die Antwort auf diese Frage. Mit einem Gerät, das ein musikalisches Tempo präzise angeben kann, ist die Tempowahl doch ganz einfach, oder?

Tatsächlich ist das Gegenteil passiert. Seitdem die präzise Tempomessung und -angabe in der Musik durch das Metronom möglich wurden, hat sich der Streit um die Wahl des „richtigen Tempos“ eher verstärkt.

Mehr dazu später in diesem Artikel. Zuerst muss klar werden, wie ein Metronom funktioniert und in welchem Kontext es erfunden wurde.

Was macht ein Metronom?

Ein Metronom gibt akustische Impulse in gleichmäßigen Zeitabständen aus. Diese gleichmäßigen akustischen Impulse sind die Orientierungspunkte für ein konstantes Tempo.

Auf einem Metronom kann man eine bestimmte Zahl einstellen. Diese Zahl gibt an, wie viele Impulse das Metronom pro Minute vorgibt. Die Maßeinheit heißt entsprechend „Beats per Minute“ und wird mit „bpm“ abgekürzt.

Die bpm-Zahl wird mit einem bestimmten Notenwert kombiniert. Die Metronomangabe ♩ = 120 bedeutet zum Beispiel, dass eine Viertelnote genau so lang ist wie ein Impuls, wenn das Metronom 120 Impulse pro Minute vorgibt (also eine halbe Sekunde).

Metronom Illustration
Ein Metronom (Illustration). Dies ist ein mechanisches Exemplar. Die meisten modernen Metronome funktionieren elektronisch.

Zur Geschichte des Metronoms

Das Metronom wurde zu einer Zeit erfunden, in der sich eine jahrhundertealte musikalische Tradition allmählich auflöste. Bis ca. 1800 war es üblich, dass Musiker einem Musikstück das richtige Tempo „ansehen“ konnten. Taktart, Notenwerte, harmonischer Rhythmus und Charakter des Stücks waren tempobestimmend. Ergänzende Tempobezeichnungen beschränkten sich auf allgemeine Formulierungen wie Andante (gehend) oder Presto (schnell).

Ab ca. 1800 war das den Musikern nicht mehr präzise genug. Tempi sollten so angegeben werden können, dass sie ohne Missverständnisse überall verstanden wurden. Also machten sich die Gelehrten in ganz Europa an die Arbeit.

Das Metronom war das Ergebnis dieser Arbeit. Es entstand in den Jahren 1814/1815 im Rahmen eines regelrechten Musik-Krimis. Die beiden Erfinder Dietrich Nikolaus Winkel und Johann Nepomuk Mälzel führten einen Rechtstreit darüber, wer die Rechte am Metronom besaß.

Diesen Musik-Krimi können Sie im Sommer-2022-Mini-Erlebnis nachlesen.

Dann ist die Wahl des „richtigen Tempos“ doch ganz einfach, oder?

Zu Beginn des Artikels habe ich bereits angedeutet, dass man nun eine unvorsichtige Überlegung anstellen könnte: Man muss sich einfach nur an die Metronomangabe halten und musiziert automatisch jedes Stück im richtigen Tempo.

Das ist so nicht ganz richtig. Obwohl das Metronom inzwischen lange existiert, wird bis heute über das „richtige“ Tempo von Musikstücken diskutiert. Das hat mit mehreren Aspekten zu tun.

Viele Stücke haben keine Metronomangabe

Der offensichtlichste Aspekt ist der, dass nicht jedes Stück im klassischen Repertoire über eine Metronomangabe verfügt. Wie bereits beschrieben, wurde das Metronom ja erst in den Jahren 1814/1815 erfunden; alle Musikstücke, die davor entstanden waren, tragen logischerweise keine Metronomangabe.

Das betrifft zum Beispiel alle Kompositionen von Mozart, Bach, Händel und vielen weiteren Komponisten! Selbst Beethoven, der sich begeistert vom Metronom zeigte, hat von seinen ca. 250 Kompositionen nur ungefähr 40 im Nachhinein mit Metronomangaben versehen.

Bei Stücken, die vor 1814/1815 entstanden sind, muss man also bis heute die Tempowahl ohne Metronom treffen. Dabei orientiert man sich an technischen Aspekten wie Taktart, Notenwerten und harmonischem Rhythmus, aber auch an Traditionen (zum Beispiel Tänzen) und dem Charakter des Stücks.

Die Raumfrage

Selbst dann, wenn eine Metronomangabe vorliegt, kann es gute Gründe geben, sich ihr absichtlich zu widersetzen. Ein solcher Grund ist der Raum, in dem ein Stück gespielt wird.

Musiziert man in einem Raum mit besonders viel Hall (zum Beispiel einer Kirche), wählt man vielleicht ein etwas langsameres Tempo, damit die Musik nicht „verschwimmt“. Spielt man dasselbe Stück hingegen in einem Raum mit besonders trockener Akustik, wählt man vielleicht ein etwas schnelleres Tempo, um keine „Löcher“ entstehen zu lassen.

Ob man das Tempo eines Stücks an den Raum anpassen soll, ist übrigens eine Streitfrage unter Dirigenten. Hans Swarowsky (ein renommierter Dirigierlehrer des 20. Jahrhunderts) hielt davon beispielsweise gar nichts.

Ein Metronom gibt ein konstantes Tempo vor

Da das Metronom akustische Impulse in gleichmäßigen Abständen liefert, gibt es ein konstantes Tempo vor. Aber in der Musik gibt es so viele Stellen, an denen sich das Tempo ändert – es wird über eine bestimmte Strecke langsamer (ritardando) oder schneller (accelerando).

Bei solchen stufenlosen Tempoänderungen ist das Metronom aufgrund seiner Funktionsweise keine große Hilfe. Moderne Metronome verfügen allerdings inzwischen über die Funktion, bestimmte Tempoverläufe programmieren zu können.

Das „richtige Tempo“ in der Oper

Besonders knifflig wird die Sache mit dem „richtigen Tempo“ in der Oper. Dort hat man es mit Sängern zu tun, die oft dieselbe Partie an mehreren Abenden pro Woche singen. Die Stimme „funktioniert“ aber nicht an jedem Tag „gleich gut“. Sie ist abhängig von äußeren Einflüssen und der persönlichen Verfassung des Sängers zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Das unterscheidet die menschliche Stimme z. B. von einem Klavier, das zuverlässig immer denselben Ton von sich gibt, sobald die entsprechende Taste gedrückt wird. Ob der Pianist einen schlechten Tag hat oder es draußen schneit, ist irrelevant. Man drückt die Taste, der Ton kommt.

Auf die Arbeit mit der Stimme muss man sich aber jeden Tag neu einstellen – und das hat natürlich Einfluss auf das Tempo. In der Oper ist es Aufgabe des Dirigenten, die persönliche Verfassung der Sänger an jedem Abend zu „erspüren“ und das Tempo entsprechend anzupassen.

Das Tempo ist dann nun mal an einem Abend etwas langsamer, an einem anderen etwas schneller. Ein Tempo „durchzupeitschen“, nur weil es das Metronom verlangt, würde in der Oper schnell zum Fiasko führen.

Fazit

Das Metronom ist eine hilfreiche Erfindung, sollte aber beim Musizieren nicht unreflektiert verwendet werden. Metronomangaben sind als Orientierungspunkt hilfreich, entbinden den Interpreten aber nicht davon, sich selbst Gedanken über das Tempo zu machen.

Jonathan Stark – Dirigent
Jonathan Stark – Dirigent

Hallo! Ich bin Jonathan Stark. Als Dirigent ist es mir wichtig, dass Konzert- und Opernbesuche beim Publikum einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dabei hilft Hintergrundwissen. Deshalb blogge ich hier über Schlüsselwerke der klassischen Musik, über Komponisten und Komponistinnen, über die Oper und vieles mehr, was sich in der aufregenden Musikwelt ereignet.

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