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Theater an der Wien – die berühmteste Vorstadtbühne der Welt

Vorstadtbühne, Weltzentrum für deutschsprachige Musicals und Wiens drittes Opernhaus: Das Theater an der Wien kann auf eine wahrlich bewegte Geschichte zurückblicken. Ein Porträt.

Das lesen Sie in diesem Artikel:

18. Jahrhundert: Riss durch die Theatergesellschaft

Welches Theater man im Wien des 18. Jahrhunderts besuchte, hing ganz entscheidend von einem bestimmten Faktor ab: der Größe des Geldbeutels. Für die vermögenden Wiener Gesellschaftsschichten standen zwei Theater innerhalb der Grenzen der Stadtmauer zur Verfügung: das Nationaltheater und das Kärntnerthor-Theater. Beide Theater waren sogenannte „Hofbühnen“, wurden also durch die Schatzkammern der Habsburger finanziert.

Die weniger vermögenden Gesellschaftsschichten konnten sich den Besuch der Hofbühnen nicht leisten. Sie mussten auf die Vorstadttheater ausweichen, also jene Bühnen, die sich vor der Stadtmauer befanden. Dass diese Vorstadttheater meist nur leidlich finanziert waren, dürfte sich von selbst verstehen. Nur drei Vorstadtbühnen hielten durch: das Theater in der Leopoldstadt, das Theater in der Josephstadt – und das Theater an der Wien.

Gründung durch den Zauberflöten-Dichter

Immer wieder hört man, Mozarts berühmte Oper Die Zauberflöte sei im Theater an der Wien uraufgeführt worden. Das ist nicht ganz richtig. Die Zauberflöte wurde 1791 im Freihaustheater (oder: Theater auf der Wieden) uraufgeführt. Dieses Theater war seit 1787 von Emanuel Schikaneder, dem Textdichter der Zauberflöte und ersten Papageno-Darsteller, betrieben worden. Im Jahr 1799 – acht Jahre nach der berühmten Uraufführung der Zauberflöte – wurde das Freihaustheater jedoch vom typischen Schicksal des Vorstadttheaters ereilt. Es war pleite.

Aber davon ließ sich Schikaneder nicht entmutigen. Gemeinsam mit Bartholomäus Zitterbarth, einem finanzstarken Theaterliebhaber, eröffnete er bereits im Jahr 1801 sein nächstes Theater – eben das Theater an der Wien, das bis heute nur einen Steinwurf weit vom ehemaligen Standort des Freihaustheater entfernt steht. Beim Theater an der Wien und dem Freihaustheater handelt es sich also nicht um das gleiche Haus, beide Häuser wurden jedoch von Emanuel Schikaneder betrieben.

Berühmte Ur- und Erstaufführungen im Theater an der Wien

Kaum ein Theater hat so viele berühmte Ur- und Erstaufführungen vorzuweisen wie das Theater an der Wien. Insbesondere die starke Verbindung zu Beethoven ist hervorzuheben: Der bedeutende Komponist der Wiener Klassik führte nicht nur zahlreiche seiner Sinfonien sowie seine einzige Oper Fidelio in diesem Haus zum ersten Mal auf, sondern wohnte zeitweise sogar in einem Trakt des Theatergebäudes.

Einen hervorragenden Ruf genoss das Theater an der Wien zudem bei der Aufführung von Operetten aus der sogenannten „Goldenen“ und „Silbernen Operettenzeit“ (lesen Sie dazu mehr in meinem Artikel über das Wiener Johann-Strauß-Theater). In den 1990er-Jahren wurde das Theater vor allem durch Ur- und Erstaufführungen deutschsprachiger Musicals bekannt. Ich bin sicher, Sie haben schon einmal von den Musicals Cats (von Andrew Lloyd Webber) und Elisabeth (von Michael Kunze und Sylvester Levay) gehört. Beide Musicals erfuhren im Theater an der Wien ihre deutschsprachige Erstaufführung.

Das Theater an der Wien heute

Seit einer Umstrukturierung im Jahr 2006 erklingen im Theater an der Wien hauptsächlich Mozartopern, Opern der Wiener Klassik und des Barock sowie Musiktheaterwerke des 20. und 21. Jahrhunderts. Die Bühne ist Wiens drittes Opernhaus – neben der Volksoper und der Staatsoper. Amüsant: Geschichte wiederholt sich. Denn die drei Opernhäuser Wiens befinden sich nicht alle in derselben Trägerschaft. Während es sich bei Volksoper und Staatsoper um Bundestheater handelt, befindet sich das Theater an der Wien in städtischer Trägerschaft. Der Graben zwischen Hofoper und Vorstadtbühne – er existiert noch immer.

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Jonathan Stark – Dirigent

Hallo! Ich bin Jonathan Stark. Als Dirigent ist es mir wichtig, dass Konzert- und Opernbesuche beim Publikum einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Dabei hilft Hintergrundwissen. Deshalb blogge ich hier über Schlüsselwerke der klassischen Musik, über Komponisten und Komponistinnen, über die Oper und vieles mehr, was sich in der aufregenden Musikwelt ereignet.

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